Patienteninformationen zur Von-Willebrand-Erkrankung
Überblick
Die Von-Willebrand-Erkrankung ist eine erbliche Blutgerinnungsstörung, die auf einen Mangel des so genannten von Willebrand-Faktors zurückgeht. Der von Willebrand Faktor ist ein Bestandteil des Blutgerinnungssystems. Er ist notwendig, damit die Blutplättchen sich im Falle einer Verletzung aneinander und an die Blutgefäßwand anlagern und so einen blutstillenden Pfropf bilden können. Je nach Ausprägung macht sich ein von Willebrand Syndrom bereits in der Kindheit als verstärkte Neigung zu blauen Flecken, Nasenbluten und einer verlängerten Zeit bis zur Bildung einer blutstillenden Kruste bemerkbar. In schweren Fällen können bereits kleine Verletzungen oder bei Mädchen die Regelblutung zu einem gefährlichen Blutverlust führen. Bei vielen Betroffenen ist der Mangel an von Willebrand-Faktor jedoch nicht so stark ausgeprägt, dass es zu Beschwerden oder auffälligen Blutungen kommt. Oft wird die Blutgerinnungsstörung dann erst bei einer Operation oder einer größeren Verletzung bemerkt.
Die Von-Willebrand-Erkrankung ist das häufigste Blutungsleiden und betrifft rund ein Prozent der Bevölkerung. An einer klinisch auffälligen Von-Willebrand-Erkrankung leidet allerdings nur einer von 10.000 Menschen. In seltenen Fällen ist eine Von-Willebrand-Erkrankung nicht erblich, sondern entsteht als Folge anderer Erkrankungen wie Herzklappenfehler, Krebserkrankungen oder Krankheiten des Immunsystems.
Diagnose und Behandlung
Wegweisend für die Diagnose sind entweder die Familiengeschichte mit bereits bekannten von Willebrand-Fällen oder häufige blaue Flecken und Schleimhautblutungen wie Nasen- oder Zahnfleischbluten. Der Verdacht auf eine erhöhte Blutungsneigung kann dann anhand einer Blutprobe überprüft werden. Im Labor fällt die Von-Willebrand-Erkrankung durch eine verlängerte Blutungszeit auf, der von Willebrand-Faktor ist niedrig oder fehlt, gleichzeitig ist die Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten) meist normal hoch.
Eine genetische Analyse kann die Art der zugrundeliegenden Erbgutveränderung genau bestimmen. Dann kann das Von-Willebrand-Syndrom einer von drei Unterarten der Erkrankung (Typ 1, 2 oder 3) zugeordnet werden. Die exakte Krankheitsbezeichnung sollte auch in einem Notfallausweis vermerkt werden, den die Betroffenen immer bei sich tragen sollten.
Die Behandlung richtet sich nach dem Typ und dem Schweregrad der Erkrankung. Es stehen sowohl Wirkstoffe für die Behandlung akuter Blutungen oder für den Einsatz bei Operationen zur Verfügung als auch Wirkstoffe, die vorbeugend und dauerhaft angewendet werden können, um die Blutgerinnung zu verbessern.
Ausblick
Leichte Verlaufsformen der Von-Willebrand-Erkrankung fallen oft nicht auf und bedürfen keiner besonderen Behandlung. Wenn eine klinisch auffällige Von-Willebrand-Erkrankung früh erkannt und angemessen behandelt wird, schränken selbst schwere Formen die Betroffenen heute nur noch wenig ein. Auch die Lebenserwartung ist voraussichtlich normal hoch, wobei noch wenige Daten zu häufigen Alterserkrankungen wie Bluthochdruck oder Schlaganfall vorliegen.
Literatur:
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Striebel H. Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom. In: Striebel H, Hrsg. Die Anästhesie. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2019. doi:10.1055/b-006-163370
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Kerbl R, Kurz R, Roos R et al. Blutungskrankheiten. In: Kerbl R, Kurz R, Roos R et al., Hrsg. Checkliste Pädiatrie. 4. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2011. doi:10.1055/b-002-21544