Wie steht es um die hämostatische Wirksamkeit und Sicherheit des rekombinanten von-Willebrand-Faktors (rVWF) bei Menschen mit schwerem Willebrand-Jürgens-Syndrom zur Behandlung akuter Blutungen? Und wie lässt sich das pharmakokinetische Profil von rVWF im Vergleich zum rVWF in Kombination mit rekombinantem Faktor VIII (rFVIII) beschreiben? Gill et al. sind diesen Fragen nachgegangen und kommen in ihrer Phase-3-Studie zu einem positiven Fazit.

Das Willebrand-Jürgens-Syndrom beschreibt eine erbliche Störung der Blutgerinnung, die durch einen Mangel oder eine Fehlfunktion des von-Willebrand-Faktors (VWF) verursacht wird. Da Betroffene mit schweren Verlaufsformen, darunter insbesondere Typ 3, ein hohes Risiko für spontane und traumatische Blutungen haben, spielt die prophylaktische Behandlung eine besonders große Rolle.

Obgleich mit dem plasmabasierten VWF heute eine hilfreiche Therapieoption zur Verfügung steht, gibt es einen wachsenden Bedarf an rekombinanten Wirkstoffen ohne humane oder tierische Inhaltsstoffe. Gill und Kollegium wollten vor diesem Hintergrund mehr über die Pharmakokinetik, die hämostatische Wirksamkeit und die Sicherheit des rVWF erfahren, und haben eine multizentrische und offene Phase-2-Studie durchgeführt.

Die wichtigsten Einschlusskriterien waren dabei ein Alter ab 18 Jahren, ein schweres Willebrand-Jürgens-Syndrom und der Nachweis einer behandlungsbedürftigen Blutung. Die Intervention umfasste dann die initiale Gabe von rVWF in Kombination mit rFVIII bei akuten Blutungen sowie die Fortführung einer alleinigen Therapie mit rVWF im Falle einer erhaltenen hämostatischen Faktor-VIII-Aktivität. Zur Beurteilung der Pharmakokinetik diente zudem ein randomisiertes Crossover-Design mit rVWF versus rVWF:rFVIII.

Als primären Endpunkt definierte das Forschungsteam die hämostatische Wirksamkeit bei akuten Blutungen. Sekundäre Endpunkte waren der Anteil erfolgreicher Behandlungen mit nur einer Infusion, die Sicherheit im Sinne einer Antikörperbildung und der Häufigkeit unerwünschte Ereignisse sowie Parameter der Pharmakokinetik einschließlich Halbwertszeit.

Behandlungserfolg von 100%

Die Daten von 22 Patient*innen mit insgesamt 192 behandelten Blutungsereignissen konnten bei der finalen Auswertung berücksichtigt werden. Sie waren durchschnittlich 37 Jahre alt mit einem Frauenanteil von 54%. 78,4% litten am Typ 3 des Willebrand-Jürgens-Syndroms.

In Bezug auf den primären Endpunkt erfolgte in 96,9% der Fälle eine exzellente Blutungskontrolle. Darüber hinaus reichte bei 81,8% der Blutungen eine einzige Infusion. Schließlich registrierte die Forschungsgruppe bei 100% der Patient*innen eine gute mittlere Wirksamkeitsbewertung von unter 2,5 auf einer vierstufigen Skala von 4 (im Sinne keiner Blutungskontrolle) bis 1 (gleichbedeutend mit einer ausgezeichneten Kontrolle). Mit Blick auf Pharmakokinetik und Sicherheit lag die terminale Halbwertszeit des rVWF bei 22,6 Stunden bei insgesamt 8 unerwünschten Ereignissen ohne kardinale Symptome, sowie ohne immunologische Reaktion und thrombotische Ereignisse.

Die Autor*innen ziehen daher ein positives Fazit und konnten eine gute hämostatische Wirksamkeit des rVWF bei leichten, moderaten und schweren Blutungen attestieren. Da die meisten dieser Ereignisse bereits mittels einer einzigen Dosis kontrolliert werden konnten und sich ein günstiges Sicherheitsprofil ergab, sprechen sie schließlich von einer sicheren und effektiven Alternative zur bisherigen plasmabasierten Therapie.

Fazit:

In dieser Phase-3-Studie mit Betroffenen eines schweren Willebrand-Jürgens-Syndroms zeigte sich bereits nach einmaliger Dosis eine exzellente hämostatische Wirksamkeit bei leichten, moderaten und schweren Blutungen. Da die Autor*innen dem rVWF ferner ein gutes Sicherheitsprofil attestieren konnten, sehen sie in diesen Ergebnissen ein weiteres Argument für den breiten klinischen Einsatz des rVWF bei schweren Krankheitsverläufen.

Quelle:

Autor Studienreferat: Dipl.-Psych. Annika Simon, Braunschweig